Podobne

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thode glaubt, in Natur und Gesellschaft gegenläufige Strukturen vorzufinden. Die Wirk-
lichkeit (der Anschein) ist besser zu begreifen, wenn die dialektische Perspektive am
Werk ist. Epistemologisch gesehen, ist Dialektik sozusagen bescheiden. Sie ist nicht
prätentiös sicher, sondern sucht nur schlicht nach dem, was hinter dem Schein stehen
kann, erforscht das Wahrscheinliche. Sie ist demnach gleichzeitig bescheiden und ge-
fährlich.24 Nach einer solchen Perspektive ist alles im Wandel begriffen, wobei Verände-
rungen allerdings zugleich Festhalten und Anderswerden bedeuten können. Es geht da-
bei um den alten Konflikt zwischen Tradition und Änderung. Aus fundamentalistischer
Sicht spiegelt die Moderne geringgeschätzte Fortschrittbesessenheit wider, während aus
moderner Sicht Fundamentalisten die Opfer ihrer Traditionsgebundenheit sind. Zuge-
spitzt ausgedrückt wäre so gesehen Fundamentalismus radikalisierter Traditionalismus.
Im Gegensatz zur Dialektik, die nach der Begriffsbestimmung von Devorins (von
Holz 1990 [1925] zit.) als "eine allgemeine Lehre von den Bewegungsgesetzen und Be-
wegungsformen alles Seienden" oder radikalisiertes Alles-In-Bewegung-Setzen definiert
wird, strebt fundamentalischer Denkstil danach, alle Beweglichkeit des Denkens zu ei-
nem festverankerten, immobilen, unveränderlichen Standpunkt zu bringen. Wenn Dia-
lektik als ars dubitandi verstanden wird, d.h. als die Kunst, sich Problemen und Fragen
23
Dialektische Denkweise nennt sich auch Entwicklungsdenken.
24
Der heilige Scholastiker Ambrosius ruft aus: A dialecticis libera nos domine! Eine ausgezeichnete
Geschichte des Begriffs Dialektik findet sich in dem Artikel Dialektik in: Ritter (Hg.) Historisches
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5.- Fundamentalismus und Dialektik
zu stellen (s. Oenig-Hanhoff 1972, S. 178), so definieren wir damit gleichzeitig ein
Merkmal der psychoanalytischen Methode, deren Gründer als "Meister des Verdachts"
(Ricoeur) und als Gegenpol jedes Fundamentalismus, der sich nur an feste und sichere
Wahrheiten halten will, charakterisiert worden ist. Fundamentalismus hingegen be-
zeichnet die Kunst, auf der Grundlage von Autorität, durchaus göttlicher Autorität, rasch
Sicherheit im Wissen herzustellen. Seine Denkhaltung gründet sich auf eine nicht hinter-
fragte Anfangsbedingung, die totalen Wahrheitswert beansprucht.
Während eine dialektische Grundeinstellung geradezu dahin führen würde, das
Leben als prozesshafte, problematische Aufgabe zu betrachten, will die fundamentali-
sche Grundeinstellung Probleme so schnell und definitiv wie möglich wegräumen. Da-
mit nähern wir uns einer gewagten Typifizierung, nämlich die fundamentalische Den-
kungsart als "onkophil" und die dialektische als "philobatisch" (Michael Balint) zu cha-
rakterisieren.25 Beides tragen wir in verschiedenen Mischungsverhältnissen in uns und
sowohl die fundamentalische Denkweise, als auch die dialektische, zeigen unterschiedli-
che Maße, Färbungen und Erscheinungsformen.
Strikt genommen entwickelt Freud eine Methode und ein Lehrgebäude mit offen-
kundig dialektischer Sichtweise, da er die menschliche Seele als eine Struktur voller
Widersprüche "vorfindet" (vgl. Caruso 1962). Die jüdische Kultur und die hebräische
Sprache bilden dabei für Freud zwei wichtige Quellen, welche zur Entwicklung seiner
dialektischen Perspektive beitragen. Nach Freud befindet sich alles im Wandel, wie er
1919 in einem Schreiben an Ferenczi äußert (Freud 1996 [1919]: "... und bitte Sie, an
nichts zu glauben als an Wandel".
Erlauben Sie mir im folgenden, die Problematik der fundamentalischen, bzw. di-
alektischen Denkweise selbst einer dialektischen Sichtweise zu unterziehen, d.h. als Ja-
nusgesicht. Dabei liegt die grundlegende Problematik in der Frage, wieviel Glauben wir
Wörterbuch der Philosophie. 1972, Bd. 2. (Schwabe & Co) Basel.
25
Es scheint mir nicht ausgeschlossen, dass Michael Balint sich durch die Arbeiten von Konrad Lorenz
über das soziale Verhalten einiger Tiere inspirieren ließ, wobei Lorenz (1931) zwei entgegengesetzte
Verhaltensweisen herauskristallisiert, nämlich Nesthocker und Nestflüchter. (s. Lorenz (1966): Über
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5.- Fundamentalismus und Dialektik
unserem eigenen Erkenntnisvermögen und wieviel Glauben wir anderen schenken, bzw.
ob wir angesichts unseres schwachen Erkenntnisvermögens die Angst ertragen können,
und wie wir mit dieser Angst umgehen.
Vielleicht kann die nachstehende Tabelle veranschaulichen, welche Denktenden-
zen, in uns verborgen, existieren:
Fundamentalisches Denkmodell Dialektisches Denkmodell
-Ein Vergleich-
Ausschließen Einschließen
"Flucht in die Gewissheit" Flucht nach vorne
(Huth 1996)
Angst vor der Ungewissheit Konfrontation mit der Ungewissheit
Vereinfachen Problematisieren
Gegensätze vermeiden Gegensätze vertiefen
Beibehalten Weiterentwickeln
Grenzen undurchlässig machen Grenzen durchlässig machen
Frieden predigend  doch kämp- Kampf predigend, doch Toleranz suchend
fend
Prämissen absolut unhinterfrag- Prämissen hinterfragbar, oder zumindest be-
bar wusst machen
Gesprächsunfähig Gesprächsbereit
Onkophil (Balint) Philobat (Balint)
Historisch inhärent an Jenseits- Historisch inhärent an Materialismus gekop-
religionen gekoppelt pelt
Autoritätsgebunden Nicht autoritätsgebunden [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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